2008 Hast du eigentlich einen Vogel?
Vögel sind auch nur Menschen: Eine mit Einfällen gespickte Inszenierung des Aristophanes-Klassikers „Die Vögel“ bringt das Neckarbischofsheimer Gymnasium auf die Bühne.
Seit 27 Jahren wird am Adolf-Schmitthenner-Gymnasium unter der Regie von Siggi Püschel Theater gespielt, durchweg auf hohem Niveau. In diese Reihe passt auch die aktuelle Inszenierung des Klassikers – umgesetzt mit Spielfreude, erstaunlicher Souveränität und mit spürbarer Lust am Kreativen. Das ohnehin beifall- und lachfreudige Publikum war bei der Premiere hingerissen.
Dass das im Kern doch altbackene Thema in der Schüleraufführung derart frisch und lebensnah daher kommt, ist zu einem guten Teil Songschreiber Holly Holleber zu verdanken. Melodien mit Ohrwurm-Qualitäten machen „Die Vögel“ über weite Strecken zu einem Musical, das packt und mitreißt.
Globalisierung im Wolkenkuckucksheim
Theater-AG des Gymnasiums präsentiert eigenwillige Inszenierung eines griechischen Klassikers
Aus der Rhein-Neckar-Zeitung vom Dienstag, 29. Januar 2008
Neckarbischofsheim. Wenn Menschen sich in die Natur einmischen, muss es wahrscheinlich einfach schief gehen. Mag die Motivation auch noch so idealistisch sein, irgendwann müssen sie wohl kommandieren, schaffen und schaffen lassen. Und so wird aus dem ersehnten Wolkenkuckucksheim ganz schnell eben jenes menschlich-unmenschliche Reich, dem man entfliehen wollte. Schon vor bald 2.500 Jahren hat Komödiendichter Aristophanes den Menschen mit
„Die Vögel“ einen Spiegel vorgehalten.
Jetzt machen es die Neckarbischofsheimer Gymnasiasten mit eben dem gleichen Stück, mit dem gleichen Inhalt, aber in einem anderen Rahmen. Das Wolkenkuckucksheim gerät in den Würgegriff der internationalen Globalisierung. Auch das kann natürlich nur schief gehen.
Aber auch sonst liefert Aristophanes lediglich das Gerüst, auf dem die Schüler ihr Theater aufbauen. Die Theater-AG profitiert letztlich von einem personellen Pfund, mit dem dann auch reichlich gewuchert wird.
Sind es bei Aristophanes zwei Athener Bürger, die ins Reich der Vögel fliehen, so streben bei Siggi Püschel vier Frauen nach Höherem. Figurenreich präsentiert sich auch die Vogelwelt, so dass immer viel Leben auf der Bühne ist. So entsteht eine mit vielen Gags und szenischen Einfällen gespickte Bearbeitung, die in der Fabel nah am Original bleibt und sich in spielerischen und sprachlichen Details aktuelle Zeitbezüge erlaubt, in der selbst Klimawandel, Börsenhandel oder Arbeitsplatzabbau zumindest stichwortartig ihren Platz finden.
Ein Jahr lang hatte man auf die Aufführung hingearbeitet. Das Ergebnis war eine geschlossene Ensembleleistung ohne Schwachstellen.
Die Leitvögel spielen verrückt und schließlich finden sie die Richtigen
Der Pinguin ist ein kluger Untertan: er denkt nicht viel. Das überlässt er seinem Herrn, dem Wiedehopf, denn, „wer den Kopf anstrengt, macht sich nur verhasst und dem wird grün und blau vor den Augen…“ Sein Herr dagegen ist eitel, möchte gerne anerkannter Retter der Vogelwelt mit eigenem Denkmal sein und konstruiert sich die Superstadt, nachdem ihn die Aussteigerinnen in dieser Richtung beeinflusst haben.
Um die restliche Vogelwelt zu überzeugen, lässt er Kolibri und Storch alle herbeirufen
Die Vögel sind zunächst erzürnt und würden gerne die Menschen in Hitchcockmanier bearbeiten. Doch der Wiedehopf kann sie überzeugen die Flüchtlinge anzuhören. Diese machen die Vögel zunächst mit ihrer großen Vergangenheit vertraut und bringen sie zum Weinen:
Anschließend sind sie bereit die Stadt zu bauen, die die Kontrolle über Götter und Menschen haben wird, weil sie zwischen deren Welten liegt
Die Götter sehen das Geschehen, fühlen ihre Macht schwinden
Die Aussteigerinnen haben inzwischen eine „feine Metamorphose“ durchlaufen:
und nun verführen sie die Vögel mit der wunderbaren Welt des Konsums:
Die Götter können zwei der Aussteigerinnen ködern und gemeinsam beuten sie die Vogelwelt aus.
Doch die Vögel entdecken ihre Vermarktung und überlegen zu kämpfen
Brutal greifen die abtrünigen Aussteigerinnen zum Mittel der Schlachtung
Der Kampf ist unausweichlich
Doch da meldet sich Aristophanes aus der Unterwelt und verlangt ein Komödienende und die Schauspieler sollen gefälligst in ihren Textheften nachlesen.
Eine Hochzeit muss sein – Amor hilft
Die Zuckerladentorte war wohlverdient
und der Applaus sowieso
4 Aussteigerinnen suchen nach
der gerechten Welt
und treffen auf Eduard, den Vogelbutler
und seinen Herrn den Wiedehopf
und
die Flamingos
den Geier mit der Leier
das Gacker- und Schnattervolk
Wir sind die Hüter, Ihr die Gehüteten, also hütet Euch
„So werden uns die Vögel noch besser akzeptieren.“
Eduard erfährt, dass die Götter diese Stadt entweder vereinnahmen oder vernichten
Die Enttäuschung über den vernichteten Traum ist groß